WASSER IM HAUS

Sicher kannte das Mittelalter kein fliessend Wasser in den (Wohn)Häusern, so wie wir es heute verstehen. Das hält erst im 19. Jahrhundert beginnend, Einzug in die Häuser und Wohnungen in der Stadt und auf dem Land. Trotzdem herrschte im Mittelalter kein Mangel an sauberen Wasser im Haus. Es war vielmehr, ob aus Quelle, Bach, Fluss oder dem eigenen Brunnen hinter dem Haus bzw. aus einem der öffentlichen Brunnen der Stadt, für jedermann verfügbar. Ob Fliessgewässer oder Brunnen, beide Arten der Wasserversorgung sind für das mittelalterliche Bayreuth nachweisbar (1). Zum einen, die Wasserentnahme aus Main, Sendelbach und Tappert (2), zum anderen, der Betrieb von Brunnen. Von dort musste das Wasser nur ins Haus geholt werden. Besser, in Eimern getragen werden.

Im Haus wurde es dann entsprechend seinem Verwendungszweck, in die verschiedensten Gefässe umgefüllt. Kannen, Krüge, Giessfässer, oder Zuber, kommen hier in Frage. In ihnen stand das Wasser dann jederzeit und in ausreichender Menge für Küche, Putzen, oder Körperpflege bereit. Ganz so wie heute. Möglich aber auch, das diese Gefässe direkt am Bach, Fluss oder Brunnen befüllt wurden.

Wohin das im Haus anfallende Schmutzwasser entsorgt wurde, ist für Bayreuth schwer zu sagen. In jedem Fall kommt hier aber die Entsorgung in Latrinen in Frage. Ihr Vorhandensein lässt sich für Bayreuth nachweisen (3). Wahrscheinlich auch, das die Abwässer in Main oder Sendelbach (zurück) entsorgt wurde. Auf jeden Fall aber landete ein Teil des Schmutzwassers wieder im Tappert. Zahlreiche Verordnungen die das unterbinden sollten, überliefern das (4).

Wasser- und Abwasserleitungen lassen sich für Bayreuth (bis jetzt) erst Nachmittelalterlich fassen. Zum einen, hölzerne Trinkwasserleitungen des 16. und 17. Jahrhunderts, von denen die älteste aber evtl. in das 15. Jahrhundert zurückreicht (5). Zum anderen, ebenfalls aus dem 16. Jahrhundert, mehrere Abwasserkanäle und in einem Fall auch dessen Weg durch die Stadtmauer und damit aus der Stadt hinaus (6).

Aufmerksam gelesen, fällt auf daß das Wäsche waschen hier beim Thema "Wasser im Haus" aussen vor bleibt. Zumal man im Mittelalter, ganz genau so wie wir heute, die Notwendigkeit sauberer Wäsche kannte. Was ausser Frage steht!
Nur wurde eben nicht im eigenen Haus gewaschen. Dafür betrieben die Städte öffentliche Waschbänke und Waschhäuser entlang der die Städte durchquerenden Bäche und Flüsse. Dort konnte man dann seine Wäsche waschen oder ggf. von seinem Hauspersonal oder einer professionellen Wäscherin waschen lassen.


Gießfass* (Nürnberg, um 1300)

Giessfässer sind, über die Scherben zweier Exemplare aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhundert, auch für Bayreuth nachweisbar (7).

Sie bildeten zusammen mit einer (Wasch)Schüssel das Waschgeschirr an dem die tägliche Körperpflege stattfand. Dieses stand in Stube oder Kammer bereit. Üblicherweise war das Giessfass über der zugehörigen Waschschüssel aufgehängt. Wollte man sich waschen, neigte man es nach vorne, sodass sich das Wasser in die Schüssel ergoss (8). Dem Gießfass hier (9), fehlt aber solch eine Aufhängung. Allerdings verfügt es, wie Kannen oder Krüge über einen Standboden. Möglicherweise benutzte man es auch analog zu Krug oder Kanne. Nahm es her, goss Wasser in die Schüssel und stellte es wieder bei Seite. Ebenso möglich, das die zugehörige Aufhängung, welcher Art auch immer, verloren ist. Denkbar wäre hier eine um den Deckelknauf geschlungene Schnur (10).

Und eine solche Seilaufhängung haben wir hier versucht. ABER ACHTUNG: Die hier gezeigte Umsetzung dieses Vorschlages ist als Rekonstruktionsversuch zu verstehen! Als eine von vielen Möglichkeiten. Ebenso, das Seil an dem das Gießfass eingehängt ist.

 

*) Heute oftmals als Lavabo bezeichnet. In Norddeutschland war vormals der Terminus Handfass und in Süddeutschland Gießfass gebräuchlich.


Bügelkanne, weiße Drehscheibenware; Bayreuth, 1. Hälfte 14. Jahrhundert.

Für Bayreuth finden man Bügelkannen für das gesamte 13. und 14. Jahrhundert (11). Allgemein in Süddeutschland aber schon ab dem 12. und bis ins 15. Jahrhundert hinein (12). Wobei sie im Laufe des 14. Jahrhunderts zunehmend von Kannen und Krügen abgelöst wurden (13). Sie dienten gleichermassen als Transport-, Vorrats- und Schankgefäss. Der Fund mehrerer solcher Kannen, typologisch wohl aus dem 13. Jahrhundert, in einem Quelltrichter in Blaubeuren auf der Schwäbischen Alb (14) legen nahe, das sie auch für den Transport von Trinkwasser und damit auch für dessen Bereitstellung im Haus Verwendung fanden.
Die hier gezeigte Kanne rekonstruiert das Bayreuther Bügelkannenfragment entsprechend einem Nürnberger Vergleichsstück und fasst 4 Liter.


Handwaschgeschirr*
Solche Sets wie das hier gezeigte, aus einfachen Schüsseln und Kannen als Waschgeschirr, darf man dort vermuten, wo spezielle Becken und Gießgefässe im Fundgut fehlen, wo also mutmasslich Stücke verwendet wurden, die man ebenso Küche oder Tafel zuordnen könnte (15). Als Waschgeschirr verwendet, hatten sie als Ort der täglichen Körperpflege (sicher auch in Bayreuth) ihren Platz in Schlafkammer oder Stube.

Schüssel und Gießgefäss konnten dabei, auf einem Ständer, frei im Raum stehen, von einer Wandkonsole getragen werden oder in einer Mauernische untergebracht sein (16). Bei ortsfesten Waschgelegenheiten, komplettiert meist ein Handtuchhalter an der Wand den Waschplatz (17).
Neben solch schlichten Waschgeschirr wie hier, finden sich aber auch speziell geformte Keramikbecken mit breitem, manchmal ornamentiertem Rand, welche auch glasiert sein konnten. Dann dazugehörig, Gießfässer. Kesselförmige Gießgefässe mit meist zwei gegenüberliegenden Ausgüssen, welche über dem Becken aufgehängt waren (18).

Ebenso, aber seltener, finden sich solche Garnituren auch aus Metall. Das Becken aus Blech geschlagen und das Gießfass aus Metallguss. Sie dürften allerdings wohlhabenden Haushalten zuzuordnen sein (19).

 

Der hier im Bild gezeigte etwa tischhohe Stand zum Bereitstellen des Waschgeschirrs frei im Raum, versteht sich als Rekonstruktionsvorschlag. Er basiert auf Buchilluminationen aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. U.v.a.: Roman de la Rose, 1330-70. Siehe URL: https://dlmm.library.jhu.edu/viewer/#rose/Arsenal5209/001r/image . Stand: 21. April 2023.


1) Aas 2011, S. 42.

2) Ein künstlich angelegter, Bachlauf der etwa auf Höhe der (heutigen) Hohlmühle, Wasser vom Sendelbach ableitet, über den Marktplatz führte und zur Versorgung mit Lösch- und Trinkwasser dienen sollte.

3) Müller 1996, S. 21ff.

4) Aas 2011, S. 47.

5) Aas 2011, S.45.

6) Ebd. 2011, S. 46.

7) Müller 1996, S.44.

8) Schäfer 2009, S. 242f.

9) Üblicherweise verfügen die Giessfässer aus Keramik nur scheinbar über einen Deckel. Dieser scheinbare Deckel ist vielmehr Teil des Gefäßes und somit nicht abnehmbar. Befüllt werden Giessfässer durch untertauchen. Eine den „Deckel“ umlaufende Lochreihe beschleunigt den Vorgang.

10) Gnaedig 2013, S.6.

11) Müller 1996, Tafel 17 und Bischof 2010 S. 58.

12) Gross 1991 S. 69.

13) Bischof 2010 S. 58.

14) Staub 2002, S. 18f.

* Die hier verwendete Kanne und Schüssel geben Bayreuther Fundstücke aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wieder. Siehe … IM HAUSHALT. Im Kapitel HAB + GUT

15) Gross, Uwe, 2013, S. 636.

16) Schäfer, Michael, S. 242f.

17) Gross, Uwe, 1995, S. 143.

18) Gross Uwe, 2009, S. 38.

19) Schäfer, Michael, S. 243.