Nürnberg gezeichnet - Gotik für an die Wand
Bayreuth/Nürnberg 27. April 2025
Schaut mal, was wir am Hauptmarkt in Nürnberg im Schaufenster der ältesten Buchhandlung Deutschlands (gegründet 1531), der Buchhandlung Korn und Berg, entdeckt haben. Handsignierte Drucke des in Nürnberg lebenden Architekturhistorikers, Zeichners und Fotografen Pablo de la Riestra.
In diesem Fall, Grafiken der drei großen gotischen Kirchen Nürnbergs: Frauenkirche, St. Lorenz und St. Sebald. Jede für sich, herausgenommen aus dem Stadtbild und nur für sich selbst sprechend. Großartige Idee und großartige Umsetzung, wie wir finden.
Doch damit nicht genug. Eine Auswahl der Nürnberger Werken von Pablo de la Riestra wird vom 8. bis zum 31. Mai in der w-i Galerie in Nürnberg zu sehen sein. Begleitet von drei Vortragsabenden unter dem Titel Nürnberg sehen lernen, am 8., 15. und 22. Mai. Aber Achtung, die Vortragsabende finden abweichend im Burghotel Nürnberg, Lammsgasse 3, statt.
Wassermühlen im mittelalterlichen Bayreuth II - Kurz und knapp VII
Bayreuth, 20. April 2025
Vor ein paar Wochen (23. März 2025) hatten wir es hier im Blog von den mittelalterlichen Wassermühlen in Bayreuth. Dabei haben wir euch doch tatsächlich einen archäologischen Fund zum Thema unterschlagen (vergessen). Einen Mahlstein. Gefunden 2015 bei einer archäologischen Grabung auf Höhe der Hausecke des Redoutenhauses während der Sanierung der Fußgängerzone. Also tatsächlich unweit des Mühlkanals. Zum Vorschein kam dabei unter anderem der Fußboden eines aus Stein erbauten Hauses. Und teilweise darin eingelassen, eben jener Mahlstein. 80 Zentimeter im Durchmesser und etwa 30 Zentimeter dick. Vermutlich wurde er ursprünglich zum Mahlen von Farbe (Pigmenten) oder Kalk verwendet.
Ein paar Zeilen mehr zur Ausgrabung selbst, gibt es fast direkt vor Ort. Auf der Stele zur Station 1 des „Archäologischen Rundgangs durch die Stadt“ neben dem Wittelsbacher Brunnen (siehe Bild). Oder ihr lest in der Broschüre zum "Rundgang" nach. Oder auf der den Rundgang ergänzenden Homepage. Oder in den dort verlinkten Artikeln des Nordbayrischen Kuriers. Denn leider gibt es keine Gesamtpublikation zu den Ergebnissen der unzähligen archäologischen Grabungen, die die Sanierung der Bayreuther Fußgängerzone begleitet haben.
Quelle/Literatur:
Waha, Eric: Grabungen in der Opernstraße: Bayreuther Spuren von vor 600 Jahren. Nordbayrischer Kurier, vom 20.09.2015, online. URL: https://www.kurier.de/inhalt.archaeologische-grabungen-in-der-opernstrasse-fachwerk-ziegel-ein-mahlstein-und-drei-brandschichten-grabungen-in-der-opernstrasse-bayreuther-spuren-von-vor-600-jahren.95255bb6-558d-4886-a04e-0de00fc489cb.html. Stand 18. April 2025.
Konvexer Spiegel - … an der Wand, wer sind die schönsten im ganzen Land
Bayreuth 12. April 2025
GLASspiegel sind eindeutig älter als wir zunächst dachten. Denn auch wenn deutlich kleiner als unser Exemplar, waren sie tatsächlich bereits im Römischen Reich verbreitet. Mittelalterlich finden sie sich eventuell sogar schon im 6./7. Jahrhundert, sicher aber im 9. Jahrhundert beschrieben. Unklar ist allerdings ob die Spiegelproduktion in Europa von der Antike bis ins Mittelalter durchgängig fortlebte. Jedenfalls gibt es bereits um das Jahr 1000 das deutsche Wort "Spiegelglas" und 1215 taucht in einem Handelsdokument dann erstmals « (…) gutes und schönes Glas (…)» auf, welches von Deutschland nach Genua exportiert wurde. Explizit um dort Spiegel daraus zu fertigen.
Hergestellt werden solche konvexen Spiegelgläser wie hier, indem man große Glaskugeln blies, diese von innen mit Blei verspiegelt und, das verraten uns die Funde, zerschnitt oder zerbrach, die Stücke dann in den jeweiligen Spiegelrahmen einpasste und dort verkittete.
Für unseren hier gezeigten Spiegelrahmen stand ein Fund aus Lübeck Pate, der dort ins (13. Jahrhundert datiert wird. Die schlichte, rote Farbfassung hingegen, ist einer Illumination im "Breviari d'amor et Lettre à sa soeur" von Matfré Ermengau (14. Jahrhundert) entlehnt, die einen offenbar identischen Spiegel(rahmen) zeigt. Und da unser Spiegel als Wandspiegel gedacht ist, befinden sich hinter dem Spiegelglas (entsprechend diverser Funde) zwei Löcher im Rahmen, durch welche wir eine Leinenkordel gezogen haben.
Und weil der hier gezeigte Spiegel in unsere gute Stube einziehen wird, findet man das gute Stück ab sofort auch HIER bei uns unter … IM HAUSHALT. Im Kapitel HAB + GUT.
Quelle/Literatur:
Krueger, Ingeborg: Glasspiegel im Mittelalter - Fakten, Funde und Fragen. In: Bonner Jahrbücher des Rheinischen Landesmuseums in Bonn und des Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege im Landschaftsverband Rheinland und des Vereins von Altertumsfreunden im Rheinlande, Band 190, 1990. Seite 233-313. URL: https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/bjb/issue/view/4322. Stand 21. Juli 2024.
Straßennamen im mittelalterlichen Bayreuth - Stadtbibliothek rules
Bayreuth, 6. April 2025
Erinnert ihr euch? Bei unseren Recherchen zu den Bayreuther Wassermühlen sind wir zwar antiquarisch fündig geworden, haben euch aber den Weg in die Stadtbibliothek RW21 empfohlen. Und genau diesen Weg sind wir jetzt auch einmal selbst gegangen. Und sind dort bei Band 86 des Archiv für Geschichte von Oberfranken hängen geblieben. Und dort bei dem Artikel "Bayreuther Straßennamen vom Mittelalter bis heute - Ein kulturhistorischer Abriss" von Rosa und Volker Kohlheim.
Natürlich konnten wir es nicht lassen uns (und Euch) die mittelalterlichen Straßennamen und ein paar Informationen dazu, rauszuschreiben. Aber um es gleich vorweg zu sagen, nur eine der heutigen Straßen in Bayreuth trägt ihren Namen seit dem Mittelalter. Die Frauengasse. Spätestens seit dem 15. Jahrhundert heißt sie so (1). Namensgeber waren hierbei die über die Jahrhunderte ansässigen Frauenhäuser (Bordelle).
Alle anderen Gassen und Straßen der Stadt haben ihre Namen zum Teil mehrfach geändert. Dennoch ist der eine oder andere mittelalterliche Straßen- oder besser Gassennamen überliefert. Vor allem über das erste Bayreuther Stadtbuch von 1430-63 und dessen ab 1464 geführten Nachfolger.
Allerdings verschweigen uns diese Stadtbücher den Namen der damals wie heute markantesten Straße der Stadt, den der heutigen Maximilianstraße … von uns Bayreuthern meist nur "Markt" genannt. Erst nach dem Mittelalter, auf dem ältesten Stadtplan der Stadt von 1610 (2), ist für den Markt der Name Haupt Gaß zu fassen.
Von ihr geht die Praytte Gaß (3) ab, die heutige Sophienstraße. Der Name findet sich, für ihren vorderen, von der Maximiliansstraße abgehenden Teil, bereits 1449. Es ist anzunehmen, dass hier die Breite der Gasse namensgebend war. Für den hinteren Teil ist der Name Priestergasse überliefert. Der Name geht hier wohl auf die dort 1449 für Priester errichteten Mietshäuser zurück, ist aber als Gassenname erst für 1518 nachweisbar. Ausserdem befand sich, wenn auch abermals nicht mittelalterlich, in der heutigen Sophienstraße, ein morastiges Teilstück (unbekannt wo), welches zumindest 1541 die Bezeichnung In der Sutten trug. Wobei "Sutte" im Mittelhochdeutschen für Pfütze oder Wasserlache steht.
Die heutige Von-Römer-Straße, die etwa auf halber Länge von der Sophienstraße abzweigt, hieß im Mittelalter Judengass. Erstmals zu finden 1463 im Zusammenhang mit einer Schuldumwandlung. Ihren Namen hat sie, wer hätte es gedacht, von den dort wohnenden Juden.
Eine weitere Gasse vom Marktplatz zum Kirchplatz (unbekannt welche) taucht erstmals im Stadtsteuerregister von 1447 als Kirchgasse auf. Möglicherweise handelt es sich dabei um die heutige Kirchgasse. Für uns so darstellbar, da eben jene Kirchgasse ab 1522 für rund 300 Jahre, nach einem ihrer Anwohner, den Namen Ochsengasse trug, die dann wiederum im ältesten Stadtplan, als die heutige Kirchgasse identifiziert werden kann.
Womit wir beim heutigen Kirchplatz/Bernd-Meyer-Platz wären. Dieser findet sich im Stadtbuch von 1464 als Kirchhov bezeichnet. Hier dürfte auch klar sein, woher der Platz seinen Namen hat.
An ihm, bzw. an der Kirche vorbei, führt die von der Maximiliansstraße kommende und an der Sophienstraße endende, heutige Kanzleistraße. Ehemals Schmidtgasse. Benannt nach einem Contz Schmidt, der 1510 wohl dort wohnte. Möglicherweise trug sie diesen Namen aber schon davor, da sich dort 1993 bei archäologischen Grabungen mehrere Schmieden und für das 15. Jahrhundert mehrere Anwohner mit dem Beinamen "Schmied" nachgewiesen werden konnten.
Außerhalb der Stadtmauer, vor dem "Unteren Tor" (Stadttor), trug die heutige Kulmbacher Straße mindestens seit 1446/48 den Namen Steinweg oder Steingasse. Ein Name der sich bis ins 19. Jahrhundert hielt. Namensgeber war hier der Flurnahme "Der Stein", nach dem felsigen Untergrund dort vor der Stadtmauer. Die Straße führte auch damals schon bis nach Kulmbach.
Bemerkenswert hier noch: Die jenseits des Mistelbachs am Steinweg gelegene und im ersten Stadtbuch von 1446/48 belegte Kapelle zum "Heilig Kreuz", wird dort zum Namensgeber für den damaligen Vorort und heutigen Stadtteil "Kreuz".
Vor dem "Unteren Tor" befand sich auch die heute nicht mehr existierende Wolfsgasse. Im ersten Bayreuther Stadtbuch von 1463 wird sie bereits als Wolfsgässlein erwähnt. Namensgeber war hier wohl abermals ein Anwohner gleichen Namens. Verschwunden ist diese historische Gasse beim Bau des Wittelsbacherrings in den 1970er Jahren. Dabei erhielt auch die heutige Wolfsgasse ihren scheinbar historischen Namen.
Weiter östlich um die Stadtmauer herum, findet sich im Stadtbuch von 1446/48, der Neuenweg. Erwähnt im Zusammenhang mit dort durchgeführten Pflasterarbeiten. Heute etwa Luitpoldplatz/untere Bahnhofsstraße. Der Name geht später auf das westlich davon gelegene Stadtviertel über und hält sich noch bis ins 20. Jahrhundert.
Und wohl unweit des Neuenweg gelegen, findet sich für 1464 der Mittelweg beurkundet. Erwähnt als Ortsangabe in einer Rechnung für Wachs. Seine genaue Lage ist allerdings unbekannt, dürfte aber im dortigen Vorort/Ortsteil zu suchen sein.
Vom "Oberen Tor" (Stadttor), führte in südöstlicher Richtung der Rennweg aus der Stadt. Die heutige Richard-Wagner-Straße. Bemerkenswert hier: Der Name Rennweg bestand seit seiner Eintragung im ersten Stadtbuch 1446/48 ununterbrochen bis ins 19. Jahrhundert.
Ebenfalls vor dem Oberen Tor befand sich die Maroltßgasse, die heutige Ludwigstraße. Sie wird im Stadtbuch von 1464 , bezüglich eines dort anliegenden Hauses samt Garten, erstmals erwähnt. Sie trug ihren Namen nach ihrem Ziel, dem seit 1398 nachweisbaren Hof und späteren Dorf Maroltczhofe. Heute Moritzhöfen.
Und schließlich, die Jean-Paul-Straße. Sie scheint bereits im Spätmittelalter unter dem Namen Gloyengasse als Straße oder Weg bestanden zu haben. Namensgeber war auch hier ein Anwohner. Ein dort nachweislich von 1469 bis 1505 lebender Bürger namens "Gloy".
Damit hat es sich mit den aus dem Mittelalter überlieferten Straßennamen in Bayreuth. Alle anderen der historischen Straßennamen, lest bitte selbst nach. Der Band ist wie gesagt, in der Bayreuther Stadtbibliothek RW21 zum ausleihen verfügbar.
Quellen/Literatur:
1) Siehe: Bast, Eva-Maria: Frauengasse - Älteste Straße fürs älteste Gewerbe. Onlineartikel des Nordbayrischen Kurier von 5. Dezember 2918. Stand 30. April 2015.
2) Titel der Federzeichnung: Bayreuth, wie es vor dem Brand 1621 gestanden. Datierung der nachträglich angeklebten Legende: um 1710. Siehe: Götzel, Hermann: Bayreuth in alten Stadtansichten - Grafik von 1500-1900. Bayreuth 2012. Seite 18.
3) Alle folgenden Straßennamen nach: Kohlheim, Rosa und Volker: Bayreuther Straßennamen vom Mittelalter bis heute - Ein kulturhistorischer Abriss. In: Archiv für Geschichte von Oberfranken, Band 86, 2006. S. 57-92.
Bulle der Heiligsprechung des St. Sebalds - Glück gehabt
Bayreuth/Nürnberg, 30. März 2025
Du denkst dir nix, bist gerade auf den Weg nach Nürnberg und bekommst den Tipp, wenn du sowieso schon in der Stadt bist, schau mal in St. Sebald vorbei. Da läge gerade die Heiligsprechungsurkunde des St. Sebald, die „Bulle Ad perpetuam Martins V.“ vom 26. März 1425, in ihrer Ausfertigung für die Kirche St. Sebald, ausgestellt. In der Kirche! Das Original!
Natürlich hat der so Beratene den kleinen Umweg gemacht. Und da lag sie dann auch (und der Autor diese Zeilen hatte das Glück sie zu sehen) in einer eher unscheinbaren Vitrine. Fast zu übersehen neben dem herrlich herausgeputzten Grabes des Heiligen selbst. Leider tatsächlich auch nur für diesen einen Tag.
Anlass der kurzen Ausstellung der Urkunde war übrigens das Festprogramms rund um den sechshundertsten Jahrestages der Heiligsprechung des St. Sebald.
Ach Ja! Das Grab des St. Sebald ist vielleicht nicht das einzige Heiligengrab in einer evangelischen Kirche, aber wahrscheinlich ist es das einzige mit immer noch aktiv tätiger Heiligenverehrung. Seine heutige Gestalt hat das Grab übrigens seit 1519. Der darin verwahrte silberne Schrein entstand aber bereits 1397. In ihm ruhen die Gebeine des in Nürnberg bereits seit dem 11. Jahrhundert verehrten Heiligen. Die letzte und gleichzeitig erste öffentliche Öffnung des Grabes und Visitation der Gebeine fand anlässlich des 500. Geburtstages des Grabes 2019 statt.
Wassermühlen im mittelalterlichen Bayreuth - Neue Spurensuche
Bayreuth, 23 März 2025
Dass auch das mittelalterliche Bayreuth über Wassermühlen verfügte dürfte klar sein. Einige ihrer Nach- Nach- Nachfolgebauwerke oder ehemalige Standorte dürften sogar dem einen oder anderen noch bekannt sein. Falls nicht, können wir euch ab sofort weiterhelfen. Uns ist nämlich vor kurzen in einem Antiquariat Band 67 des "Archiv für Geschichte von Oberfranken" von 1987 in die Hände gefallen. Herausgegeben vom Historischen Verein für Oberfranken. Darin der Artikel: Die Bayreuther Wassermühlen - Ein Beitrag zu ihrer Geschichte. Von Irmgard Dämmrich. Ein mehr als großartiger Artikel der, so wie es aussieht, nicht nur alle ehemaligen Wassermühlen auflistet, sondern auch nichts von dem auslässt, was über die einzelnen Mühlen dokumentiert ist.
Das unserer Meinung nach wichtigste und dazu noch einige Stichpunkte zu ihren frühen Jahren, findet man ab jetzt HIER bei uns unter SPURENSUCHE. Im Kapitel BAYREUTH.
Und falls wir euch mit unserer Spurensuche neugierig gemacht haben und ihr es jetzt ganz genau wissen wollt: Die Jahrbücher des Archiv für Geschichte von Oberfranken, können in der Stadtbibliothek Bayreuth "RW 21" ausgeliehen werden. Auch der Band 67 in dem wir für unsere Spurensuche recherchiert haben.
Bild: Wassermühle. Luttrell Psalter (1325-35), f.181 Psalm 103. British Library via Wikimedia Commons. CC0 1.0.
Sperrfederschloss - Klein und fein
Bayreuth, 16. März 2025
Schaut mal was wir da aufgetan haben. Ein Vorhängeschloss! Hergestellt entsprechen/angelehnt an einen Originalfund aus London und dort zwischen 1270-1350 datiert. Leider sind solche aus Buntmetall (=Bronze oder Messing) gegossenen Stücke auf deutschen Fundplätzen sehr selten (1). Hier scheinen, nach unserer Recherche, eher aus Eisenblechteilen zusammengelötete Vorhängeschlösser üblich gewesen zu sein. So auch auf Burg Burgthann (Nürnberger Land). Dort lagen vor Jahren zwei solcher aus Eisenblech gefertigten Vorhängeschlösser (unteres Bild) in der Dauerausstellung. Datiert sind diese in die 2. Hälfte des 14. Jahrhundert bis 1. Viertel 15. Jahrhundert.
Doch egal ob Buntmetallguss- oder Eisenblechgehäuse, der namensgebende Schließmechanismus ist der gleiche. Er besteht aus mehreren Blech(sperr)federn am Riegel, welche sich, ist das Schloss zusammengeschoben, hinter dem Einschub aufspreizen und es so geschlossen halten. Solche Schlösser werden mittels eines Schiebeschlüssels geöffnet. Dieser wird durch eine Öffnung auf der dem Riegel gegenüber liegenden Seite im Gehäuse eingegeschoben. Dort drückt er die Federn des Riegels zusammen, so das man diesen wieder durch den Einschub herausziehen und damit das Schloss öffnen kann.
Solche Sperrfederschlösser waren im heutigen Deutschland mindestens seit dem ersten vorchristlichen Jahrhundert gebräuchlich und sind es in China, Marokko und dem Iran noch bis heute.
Quelle/Literatur:
Egan, Geoff: The medieval household - Daily living c. 1150 - c. 1450. Medieval finds from excavations in London: 6. London 1998.
Steeger, Wolfgang: Die staufische Reichsminesterialenburg „Tanne“ in Burgthann. In Birgit Friedel (Hrsg.): Nürnberg - Archäologie und Kulturgeschichte - … nicht eine einzige Stadt, sondern eine ganze Welt ... - 950 Jahre Nürnberg, 1050 - 2000. Büchenbach 1999, S. 268–278.
Morgenroth, Ulrich: 4000 Jahre hinter Schloss und Riegel - Eine kleine Menschheitsgeschichte der Sicherheitstechnik (Hrsg.: Stadt Velbert - Deutsches Schloss- und Beschlägemuseum). Velbert 2006.
1) Als Beispiele: Ein Vorhängeschloss aus Bronze mit Spreizfedersperre, samt Schiebeschlüssel aus dem 12.-14. Jahrhundert. Heute im Focke-Museum Bremen. Und ein figürliches Vorhängeschloss aus Buntmetall aus dem 13.-14. Jh. Heute im Museum der Stadtarchäologie Soes
Bild oben: 1- Verriegeltes Schloss. 2- Entriegeltes Schloss. 3- Riegel mit aufgeschobenen Schiebeschlüssel. Siehe zusammengedrückte Federn. 4- Geöffnetes Schloss.
Sieben Zeilen in Nürnberg - Die Erste ihrer Art
Bayreuth, 9. März 2025
Richtig gelesen, die in Reih und Glied gebauten und damit in der mittelalterlichen Stadttopographie auffallenden sieben Reihenhausreihen von jeweils drei Häusern am heutigen Weberplatz in Nürnberg war die erste, man könnte sagen moderne, Arbeitersiedlung Deutschlands. Sie entstand 1489 und bestand zunächst aus 5 Reihen. Da man den Bedarf an Wohnraum unterschätzt, beschloss der Rat 1524 die Erweiterung der Siedlung um weitere sieben Reihen, von denen letztlich aber nur zwei realisiert wurden. Errichten lies der Rat die Siedlung als, man könnte sagen, Wirtschaftsförderprogramm. Man wollte das heimische Weberhandwerk stärken und dazu Barchentweber in die Stadt holen. Diesen bot man, oder besser, diese lockte man mit den Häusern der Sieben Zeilen, die gleichermassen Wohnungen auf den Etagen und ideale Arbeitsstätten in den Kellern versprachen. Durchaus ähnlich den Weberhäusern in Schwaben. Und das alles mit dem Ehrgeiz, mit Augsburg und seinen Webern qualitativ mindestens gleich zu ziehen. Oder wie es sich in einem Ratsbeschluss liest: « Item das die barchant hie gearbait wurden auf das zeychen Augspurgern gemess und doch pesser … »
Von dort, aus Schwaben, dürften dann auch die Weber nach Nürnberg gekommen sein. Zwar fehlt hierfür der Nachweis, doch finden sich unter den Neuankömmlingen Namen von Webern die auch in Augsburg zu finden waren. Außerdem hatte sich für das Areal um die Häuser der Name "Schwabenberg" eingebürgert. Die heutigen Straßennamen "Sieben Zeilen" und "Weberplatz" findet man dagegen erst ab dem 19. Jahrhundert.
Jedes der letztlich 21 zweigeschossigen Fachwerkhäuser maß 8,20 mal 7,20 Meter, stand auf einem aus Backsteinen gemauerten Keller und trug ein ebenfalls zweigeschossiges Satteldach. In den Kellern, die über eine Holztreppe erschlossen waren, befanden sich nach Süden hin, zwei Arbeitsräume samt relativ grosser Fenster (im oberen Bild mit verschlossenen Läden). Jeder dieser Räume hatte Platz für einen Webstuhl. Nach Norden hin lag dann noch ein Lager(?)raum und eben das Treppenhaus. In Erd- und Obergeschoß befand sich jeweils eine Wohnung mit rund 45 Quadratmetern Wohnfläche, bestehend aus der (beheizbaren) Stube, einer Kammer und der Küche. Das Treppenhaus dürfte bauzeitlich zur Küche hin offen gewesen sein.
Man nimmt an, das die Erdgeschosswohnung vom Gesellen und dem Lehrling und die Wohnung im Obergeschoss, von der Familie des Meisters bewohnt wurde. Der gemeinsame Abort des Hauses befand sich wahrscheinlich zur Straße hin, vor dem Haus.
Leider wurden 19 der 21 Häuser im Zweiten Weltkrieg total zerstört. Die oberen 6 Häuserreihen wurden bis 1966 zwar maßgetreu wieder aufgebaut, sind aber keine Rekonstruktionen. Die siebte/unterste Reihe mit den beiden Häusern die den Bombenhagel überstanden hatten und die nach dem Krieg auch wieder ertüchtigt wurden, wurden nach einem Besitzerwechsel 1972/73 abgerissen und durch einen Wohnblock in historisierendem Fachwerk ersetzt. Somit sind die heute dort stehenden sieben Häuserzeilen, trotz äußerlicher Ähnlichkeit zu ihren Vorgängern, Neubauten des 20. Jahrhunderts.
Exkurs: Auch wenn der Vergleich gelegentlich gezogen wird und die Nürnberger Sieben Zeilen durchaus Einfluss auf die Bauform der 27 Jahre später errichteten Fuggerei in Augsburg gehabt haben könnten, unterscheiden sich die beiden Siedlungen in einem wichtigen Punkt: Die Fuggerei war von Anfang an (und ist bis heute) eine Sozialsiedlung. Gestiftet von Jakob Fugger für bedürftige Augsburger Bürger katholischen Glaubens. Die Sieben Zeilen hingegen wurden vom Rat der Stadt Nürnberg aus rein wirtschaftlichen Gründen errichtet.
Auch in ihrem Nachkriegsschicksal könnten Fuggerei und Sieben Zeilen nicht unterschiedlicher sein: Schließlich wurde die Fuggerei trotz massiver Bombenschäden, entsprechen dem historischen Vorbild vollständig wiederaufgebaut … und sogar noch um ein Drittel erweitert.
Quelle/Literatur:
Böckel, Annamaria: 500 Jahre Sieben Zeilen in Nürnberg. Eine reichsstädtische Webersiedlung. Nürnberg 1988.
Schwemmer, Wilhelm: Die Bürgerhäuser der Nürnberger Altstadt aus Reichsstädtischer Zeit - Erhaltener Bestand der Sebalder Seite. Nürnberger Forschungen Band 6. Nürnberg 1961. S. 116-118.
Taschner, Michael: Die Sieben Zeilen in Nürnberg - in vielerlei Hinsicht für die Bauforschung von Bedeutung. In: Altstadtfreunde Nürnberg e.V.: Nürnberger Altstadtberichte, Nr. 38/2013. S. 49-68. URL: https://www.altstadtfreunde-nuernberg.de/fileadmin/media/images/angebote/altstadtbericht/pdfs/altstadtbericht_38_web_100dpimittel.pdf. Stand 24. Februar 2025.
Oberes Bild: Sieben Zeilen in Nürnberg. Aufn.-Datum: 1918. Fotokonvolut: Karl Ernst Osthaus-Archiv & Projekt historische fotografische Negative via bildindex.de. CC BY-SA 4.0
Unterse Bild: Sieben Zeilen in Nürnberg 2025.

Hausgenossen & Co - Einfach nur Mieter … meistens jedenfalls
Bayreuth, 2. März 2025
Die Sache mit den Mietwohnungen oder besser gesagt mit dem Wohnen zur Miete hatten wir ja schon öfter (siehe unsere Blogbeiträge zum Thema MIETWOHNEN). Und eigentlich war das Thema für uns abgehakt. Doch dann ist uns dazu passend etwas unbedingt lesenswertes anempfohlen worden. Und zwar: Zwischen den Zeilen - Eigentumslose Haushalte in fränkischen Verzeichnissen aus vor- und frühstatistischer Zeit, von Thomas Wenderoth. Ein wunderbares Stück Lesestoff, wie wir finden. Für den Moment und unser Thema soll uns nur das Kapitel 2 "Bezeichnungen der Eigentumslosen in den Quellen" interessieren. Denn darin wird uns sehr schnell klar, warum oberflächlich betrachtet, Mieter irgendwie nicht zu existieren scheinen. Also der Trugschluss entsteht, in einer mittelalterlichen Stadt lebten nur Personen mit Bürgerrecht und mit eigenem Wohneigentum und allenfalls noch der eine oder andere Bedienstete im Haus seines Arbeitgebers. Dabei sind die Quellen voll von Hausgenossen, Herbergern, Beständnern, Inwohnern, Inquilinus (kannten wir auch nicht), Schutzverwanten, Verspruchleuten, Mundleuten, Pfahlbürgern und Hintersassen. Alles Begriffe die jeder schon einmal gehört hat … ohne dabei gleich an deren Besitzverhältnisse zu denken. Menschen eben, die in der Stadt leben von der man gerade liest und die eigentlich Menschen beschreiben die ohne eigenes (Wohn-)Eigentum sind und deshalb eine Mietwohnung bewohnen. Mieter eben.
Meistens jedenfalls. Der Hausgenosse zum Beispiel kann auch ein Hausangestellter oder ein Amtmann sein. Sogar ein solcher der der städtischen Oberschicht zuzurechnen ist und damit sehr wohl auch Bürger war.
Dann gab es da auch noch, dokumentiert für das 17. Jahrhundert, Schutzverwante die sehr wohl Wohneigentum besaßen und Hausbesitzer die sich bewusst dagegen entschieden Bürger zu sein. Aber auch Beständner (logischer weise) ohne Wohneigentum jedoch mit Bürgerrecht und und und. Doch lest selbst. Darunter auch, ebenfalls ausführlich behandelt, die rechtliche, ökonomische und soziale Stellung solcher eigentumslosen Einwohnern.
Quelle/Literatur:
Wenderoth, Thomas: Zwischen den Zeilen - Eigentumslose Haushalte in fränkischen Verzeichnissen aus vor- und frühstatistischer Zeit. Schriften aus der Fakultät Geistes- und Kulturwissenschaften der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Band 37. URL: https://fis.uni-bamberg.de/entities/publication/41d29b5b-06bc-4cca-b386-2031d343eab3. Stand 22. Februar 2025.
Kerzenmachergewerbe - … und die Sache mit der Begrifflichkeit
Bayreuth, 23. Februar 2025
Um noch einmal auf die Sache mit den Unschlittkerzen zurückzukommen. Auf der Suche nach einer Bezugsquelle für Talgkerzen lieferte uns unlängst die Suchmaschine unserer Wahl einen "Fast getroffen ist auch daneben"-Treffer, welchen wir hier mit euch teilen möchten. Nämlich: Beiträge zur Geschichte des Kerzenmachergewerbes im Mittelalter. Von Celine Lausberg. Für unsere Suche im Moment zwar nicht zielführend aber dennoch nicht unspannend und trotz des Alters der Arbeit ein wunderbarer Einblick in das Thema.
Auf jeden Fall hatte es der mittelalterliche Otto-Normalverbraucher wesentlich leichter an Unschlittkerzen zu kommen als wir heute. Er ging einfach in ein entsprechendes Ladengeschäft, zu einem Marktstand oder zu einem Hausierer. Verkauft/gehandelt wurden die Kerzen dort, egal ob aus Unschlitt (= Talg) oder Wachs, nach Gewicht. Der Preis ergibt sich also allein aus der Menge des Brennstoffs der Kerze.
Diese Händler bezogen ihre Ware, sofern sie sie nicht selbst herstellten, wem wundert’s, von Kerzenmachern. Diese hatten allerdings ebenfalls das Recht ihre Erzeugnisse (auch) selbst an den Mann zu bringen. Ein Recht, das grundsätzlich jedem Kerzenproduzenten zustand. Ganz gleich ob Unschlitt- oder Wachskerzen. Und zwar nicht nur als Einzelhändler, der seine Produkte direkt an den Endverbraucher abgab, sondern auch als Groß- und Fernhändler.
Waren die Kerzenmacher einer Stadt dabei in einer Zunft organisiert, beanspruchten diese auch das alleinige Verkaufsrecht für Kerzen. Nur dort wo sie nicht zünftisch organisiert waren, durften, wie oben beschrieben, auch andere Gewerbe, neben ihren eigentlichen Produkten auch Kerzen anbieten und diese sogar selbst herstellen. Daneben findet man die Herstellung von Wachs- und Unschlittkerzen auch im Nebenerwerb oder Lohnwerk. In letzterem Fall fertigt der Kerzenmacher die Kerzen gegen Lohn aus dem Material des Auftraggebers.
Und soweit die Kerzenmacher Talg-/Unschlittkerzen fertigten, finden sich diese seit (mindestens) dem 14. Jahrhundert hinter den Berufsbezeichnungen "Gulichter" oder "Gudeliter" (und ähnlich). Stellten sie dagegen Wachskerzen her, findet man sie hinter Berufsbezeichnungen wie "Kirzenmächer" oder "Kerzenmecher" (und ähnlich). Dabei scheint es keine Rolle zu spielen, ob sie haupt- oder nebenberuflich tätig waren (1). Ihre Erzeignisse stehen sich dann hinter Bezeichnungen wie zum Beispiel "golliecht" für die Talgkerze und "wachsliecht" für die Bienenwachskerze (2+3).
Bis hier: Quelle/Literatur:
Lausberg, Celine: Beiträge zur Geschichte des Kerzenmachergewerbes im Mittelalter. Dissertation. Duisburg 1928. URL: https://archive.org/details/beitrgezurgeschi00laus. Stand 4. Dezember 2024.
Tennen und Söller - Der Mehrwert-Flur
Bayreuth, 16. Februar 2025
Tennen??? Söller??? Erklärst’s mir? So, stark vereinfacht, eine Frage die, die vor nicht allzu langer Zeit, in lockerer Runde gestellt wurde. Und die wir hier noch einmal beantworten wollen. Wobei die Überschrift eigentlich schon alles sagt, was zu sagen wäre. Etwas ausführlicher vielleicht noch: Die Wörter "Tennen" und "Söller" meinten vormals den heute als Flur bezeichneten Raum einer Wohnung, eines Wohnhauses oder eines Wirtschaftsgebäudes. Zumindest im Sprachgebrauch im Gebiet des heutigen Nordbayern. Dort bezeichnet "Tennen" den durch eine Tür oder ein Tor zu betretenden, ggf. sogar zu befahrenden Flurbereich im Erdgeschoß eines Gebäuses. Das Wort "Söller" (auch Suler, Soler o.ä.) bezeichnet dagegen den Flurbereich im Obergeschoss. Wobei mit Söller möglicherweise aber auch das gesamte Obergeschoss gemeint sein könnte. Und um die Sache noch verwirrender zu machen, findet man für den Flurbereich im Obergeschoss gelegentlich auch die Bezeichnung "Oberer Tennen" (1).
Natürlich diente auch da(mals) der Tennen oder Söller in erster Linie der Erschließung aller anderen Räume der Etage. Dabei konnten sie auch sehr groß sein, manchmal sogar der grösste Raum der Stockwerks, oder auch repräsentativ angelegt sein. Dabei wurden die Flure im Haus, vor allem die im Obergeschoss, gerne auch anderweitig genutzt. Zum Beispiel zum Tanzen. Dies scheint besonders in Gast- und Rathäusern geradezu üblich gewesen zu sein (2). Darüber hinaus konnte der Tennen in Gasthäusern auch als Schankraum eingerichtet sein. Wenn man der zeitgenössischen Literatur Glauben schenken darf (3).
Eine weitere Nutzungsart des Raumes im Obergeschoß über den Küche und Stube zu erreichen sind zeigt ein weiterer Name dafür, der im spätmittelalterlichen Würzburg, aber auch in Wien und Villach im 14. Jahrhunderts gebräuchlich war. Mus- oder Mueshaus. Was wiederum für Haus für Speise und später für Speisesaal steht (4). Ein Terminus der noch im frühneuzeitlichen Bayern nicht nur für das Vorhaus, sondern eben auch für den Hausflur steht (5). Somit kann man annehmen dass der Söller, um beim fränkischen Namen zu bleiben nicht nur als Durchgang, sondern ebenso als Speiseraum diente.
Was indirekt zu einer weiteren Nutzung von Tennen und/oder Söller führt. Der heute so genannten Flurküche, welche in den Stadthäusern Süddeutschland noch bis ins ausgehende 14. Jahrhunderts durchaus üblich war (6). Ein Raum also, der die Funktionen Erschließung des Geschosses und Arbeitsplatz Küche, in sich vereint.
1+2) Bedal K. 2007, S. 34.
3) Schulz 2011, S. 287.
4) Bedal K. 2007, S. 34
5) Siehe: https://www.dwds.de/wb/dwb/mushaus
6) Bedal A. 2007, S. 174.
Bild: Söller (Oberer Tennen) im sog. „Kleines Bürgerhaus aus Wolframs-Eschenbach“ im Fränkischen Freilandmuseum, Baugruppe Stadt. Tilman2007 via Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0.
So was von Kontinuität - Never change a running system II
Bayreuth, 9. Februar 2025
Kaum einer von uns Reenactors der so einen (Ast-)Quirl nicht kennt. Sie stehen, man könnte sagen, quer durch die Epochen in jeder Reenactment-Küche. Egal ob Mittelalter, Barock, Gründerzeit oder irgendwas dazwischen. Aber nicht nur dort, sondern auch in der Küche so mancher unserer Urgroßmutter konnte man noch einen solchen Quirl finden.
Letzteres ist umso erstaunlicher, als auch seine Nachfolger, ob aus Porzellan, Holz, Kunststoff oder Metall und weiter bis zum Edelstahlschneebesen und dem elektrischen Handrührgerät (Mixer), ebenfalls dort zu finden waren.
Noch erstaunlicher ist jedoch, wie lange es solche Rührgeräte schon gibt. Nämlich seit mindestens 3300 Jahren, wie uns vor ein paar Tagen gesagt wurde. Gefunden hatte unser Tippgeber (Grüße nach Nürnberg) so alte Astquirle in dem Buch 4000 Jahre Pfahlbauten. Dem Begleitband zur gleichnamigen Landesausstellung Baden-Württemberg 2016. Die dort als bronzezeitlich vorgestellten Quirle stammen aus der Siedlung „Fiavé“ im Trentino, Italien. Diese Siedlung bestand von der Kupfersteinzeit bis in etwa ins 13. vorchristliche Jahrhundert. Womit wir bis zur urgroßmütterlichen Küche des 20. nachchristlichen Jahrhunderts, auf die bereits erwähnten mindestens 3300 Jahre Kontinuität kommen. Ziemlich erstaunlich wie wir finden.
Linktipp: Die Astquirle (siehe unteres Bild) und vieles mehr aus „ Fiavé“ findet man übrigens auch auf der Wikipediaseite zum Pfahlbaumuseum Fiavé (Museo delle Palafitte di Fiavé).
Bild unten: Zwei Schneebesen/Quirl (Bildausschnitt). Dega180 via Wikimedia Commons, CCo.
Vor 1000 Jahren. Leben am Hof von Kunigunde und Heinrich II. - Eines Kaisers würdig
Bayreuth/Bamberg, 30. November 2024
Diesen Herbst schon im Museum gewesen? Nein? Dann haben wir hier was, das euch garantiert hinter dem Ofen hervorlockt. Nämlich die Sonderausstellung Vor 1000 Jahren - Leben am Hof von Kunigunde und Heinrich II. im Historischen Museum Bamberg, in der Alten Hofhaltung. Anlass ist der 1000. Todestag von Kaiser Heinrich II. am 13. Juli 2024. Wir waren natürlich schon da. Und … uns fällt im Moment noch nichts Besseres ein wie: Die Ausstellung hat uns vom Hocker gehaun. Basta! Wie da eine vergangene Lebenswelt ins Museum geholt wurde, ist einfach großartig. Vehikel dafür, neben den erwartbaren Originalfunden und Texttafeln, wie man sie Land auf Land ab in (nahezu) jedem Museum findet, Repliken und Living History in Bild und Video. Beispiele gefällig? Da liegt in der Vitrine nicht nur ein stark mitgenommener Beschlag einer Messerscheide, sondern auch noch, darüber aufgehängt, die entsprechende Rekonstruktion einer solchen Scheide. Samt Messer natürlich. Was für ein Schmuckstück.
Oder die Doppel-Bildwände die mehr sagen als 1000 Worte es könnten. Auf jeder dieser Wände, ist ein Mensch jeweils zweimal zu sehen (fotografiert). Einmal im Leben. Voll bekleidet und mit Helm, Schild, Schwert und Lanze gerüstet. Daneben im Grab liegend. Auf seinem Mantel gebettet, schlicht gekleidet und nur mit seinem Schwert als Grabbeigabe. So gezeigt, bleiben keine Fragen offen. Wie war man gekleidet? Wie sahen Waffen und Rüstung aus? Wie wurden sie getragen? Wie sah das vormals aus, was die Archäologen heute aus dem Boden holen? Alles mit einem Blick beantwortet. Außer vielleicht die Frage, wofür dieser (fiktive) junge Mann wohl sein Leben gelassen hat.
Aber was wir so richtig gefeiert haben: Gleich im ersten Raum. "Sauber und gepflegt" prangt dort als Überschrift auf einer Texttafel neben einer hölzernen Badewanne. Hygiene als Thema in einer Mittelalterausstellung. Wenn das kein Grund zum Feiern ist. Und dann später in der Ausstellung noch so ein Thema das in Museen eher selten behandelt wird. Das bunte Mittelalter. "Farbenfroh" so die Textüberschrift auf einer Texttafel zwischen bunt gefärbter Wolltücher. Rot, grün, blau, gelb, braun. Alles dabei und das auch noch in vielen Schattierungen. Eine grandiose Visualisierung einer eben doch farbig bunten Zeit.
Natürlich ist das noch längst nicht alles, was die Ausstellung zu bieten hat, wir wollen ja schließlich nicht alles verraten. Wir wollen nur neugierig machen. Neugierig auf eine Ausstellung der es sehr gut gelingt, die Lebenswelt von vor 1000 Jahren einzufangen und die unserer Meinung nach in ihrer Umsetzung kaum zu zu übertreffen sein wird.
Und falls ihr euch jetzt fragt, warum wir euch keine Bilder mitgebracht haben? Geht selbst hin und schaut es euch direkt an. Nehmt euch die Zeit. Ausserdem ist ja Bamberg allein schon eine Reise wert. Egal ob als Ausflugsziel oder Urlaubsort, die Sandkerwa, oder um dort zu studieren.
Die Ausstellung läuft übrigens noch bis zum 27. April 2025. Ihr habt also noch genügend Zeit euch mal was Gutes zu tun. Wir jedenfalls werden ziemlich sicher zu Wiederholungsbesuchern.