Bemaltes Kruseler-Püppchen - Neues aus der Spielzeugkiste
Bayreuth/Nürnberg, 6. Juli 2025
Schon wieder einmal so eine Sache in Sachen Mittelalter, von der man nicht wusste dass es sie gibt. Und man hätte auch nicht geglaubt, dass es sie gibt, hätte man sie nicht vor die Nase gehalten bekommen. Diesmal war es ein bemaltes Kruseler-Püppchen aus der Stadtarchäologie Nürnberg. Gefunden bei einer Grabung in der Rathsbergerstraße in Nürnberg und wohl vor 1400 zu datieren. Unser erster Gedanke nachdem die Verblüffung verflogen war: Ja warum eigentlich nicht? Es ist ja schließlich Kinderspielzeug.
Aber so richtig sortieren konnten wir es nicht. Macht aber nichts, denn genau dazu gibt Literatur.
Moden aus Modeln, so der Titel. 1998 vom Germanischen Nationalmuseum Nürnberg herausgegeben. Und darin: Bemalte Tonfigürchen. Auch bemalte Kruseler-Püppchen. Zwar nur wenige, aber immerhin. Und dass so wenige bemalt gefunden wurden, liegt wohl daran, dass deren ursprüngliche Bemalung durch Abnutzung beim Gebrauch und/oder die lange Zeit im Boden verloren ging. Glücklicherweise aber nicht immer. Denn gelegentlich findet man vor allem in deren Gesichtern noch Farbreste der ursprünglichen Bemalung. Dabei ist festzustellen dass damit wohl die Augen, der Mund, aber auch die Arme und Teile der Kleidung betont werden sollten. Schwarz war hierbei die Farbe der Wahl. Bei den hier gezeigten Püppchen aus der Stadtarchäologie Nürnberg, finden sich solche (augenscheinlich) schwarzen Farbreste an der Stirn unter dem Kruseler, als rechte Augenbraue, in der Armbeuge des rechten Arms und am rechten Handgelenk.
Daneben waren auch die Augen farblich hervorgehoben. Diese wohl aber in einer anderen Farbe. Solche über ihre Konturierung hinausgehend bemalten Kruselerpüppchen finden sich auch in der Sammlung des GNM. Wenn auch nur mit wenigen Stücken. Erstaunlicherweise in Form von ehemals bunt bemalten Kruseler-Hauben (Farbresten zwischen den Rüschen). Erstaunlich deshalb, weil die zeitgenössische Kunst unseres Wissens nach, die ehemals aus Leinentuch bestehenden Kruseler immer weiß darstellt. Aber vielleicht könnt ihr uns da weiterhelfen. Bezüglich des Wissens um bunte Kruseler oder vielleicht sogar mit einem ehemals komplett bemalten Kruseler-Püppchen. Egal ob als ausgestelltes Original im Museum bei euch um die Ecke, als Textstelle in einem der Bücher bei euch im Regal oder einem Link. Mail genügt.
Quelle/Literatur:
Grönke, Eveline und Weinlich, Edgar: Mode aus Modeln - Kruseler- und andere Tonfiguren des 14. bis 16. Jahrhunderts aus dem Germanischen Nationalmuseum und anderen Sammlungen. Nürnberg 1998.
Archäologisches Lexikon - "Mode aus Modeln" - Spielzeug oder Gabenträger. In: Archäologie am Obermain. URL: http://landschaftsmuseum.de/index1.htm. Stand 5. Juli 2025
Bild 1: Kruselerpüppchen mit Resten einer Bemalung. © Holger Heid mit freundlicher Genehmigung durch Melanie Langbein, Stadtarchäologie Nürnberg.
Bild 2: Ausschnittvergrösserung.
Bild 3. Rückseite des Püppchens. © Holger Heid mit freundlicher Genehmigung durch Melanie Langbein, Stadtarchäologie Nürnberg.
Das Kruseler-Püppchen der Sammlung Spannrad - Ein Update
Bayreuth, 8. Juni 2025
Man ist nur so klug wie das letzte (Fach-)Buch einen gemacht hat. Diesmal bezüglich des Kruseler-Püppchens aus der Sammlung Spannrad, das wir euch HIER im Blog unter FUNDE vorgestellt haben. Wenn ihr euch erinnert, zu dem Püppchen gibt es eigentlich keinerlei Informationen. Noch nicht mal, wo es gefunden wurde.
Aber jetzt hat uns da die Lektüre von "Mode aus Modeln - Kruseler- und andere Tonfiguren des 14. bis 16. Jahrhunderts aus dem Germanischen Nationalmuseum und anderen Sammlungen" zumindest etwas weitergeholfen. Der Titel beschreibt nämlich solche Püppchen in all ihren Varianten als "nur" zwischen der Mitte des 14. Jahrhunderts und dem ersten Drittel des 15. Jahrhunderts vorkommend. Also in etwa zwischen 1350 und 1435. Der Risen-Kruseler den das Püppchen der Sammlung Spannrad trägt, taucht dabei aber erst um 1370 in der Mode der Zeit auf. Was auch dessen möglichen Herstellungszeitraum noch etwas mehr eingrenzt.
Daneben kann man eventuell sogar eine Vermutung bezüglich seiner Herkunft anstellen. Und zwar über die Verzierung der Kleider, die die Püppchen tragen. Üblicherweise, fast standardmäßig, ist dass eine vertikale Reihe kreisrunder Medaillons. Abweichend davon und seltener gibt es auch Beispiele für Kleider, die wie geknöpft erscheinen, oder Kleider, die wie beim Spannrad-Püppchen, mit einer vertikalen Vierpassreihe (Borte?) verziert sind. Letztere gehäuft unter den Nürnberger Funden von Püppchen mit Risenkruseler, aus der Sammlung des GNM*.
Beides zusammen legt nahe, dass das Kruseler-Püppchen der Sammlung Spannrad, mit aller gebotenen Vorsicht, zwischen etwa 1370 und 1435 zu datieren ist und eine deutliche Verwandtschaft zu einem Typ aufweist, der gehäuft in Nürnberg gefundenen wurde. Mehr aber auch nicht. Auch nicht, ob das Figürchen aus der Sammlung Spannrad ein in Nürnberger gemachter Fund ist oder es gar aus einer Nürnberger Werkstatt stammt.
Aber auf jeden Fall haben wir aber unseren Blogbeitrag unter FUNDE und unser PDF "Die mittelalterliche Keramik der Sammlung Xaver Spanrad" das ihr HIER unter AUFSÄTZE im Kapitel ANHANG herunterladen könnt, diesbezüglich aktualisiert.
*Germanisches Nationalmuseum Nrnberg
Quelle/Literatur:
Grönke, Eveline und Weinlich, Edgar: Mode aus Modeln - Kruseler- und andere Tonfiguren des 14. bis 16. Jahrhunderts aus dem Germanischen Nationalmuseum und anderen Sammlungen. Nürnberg 1998.
Aus dem Depot geholt I bis V zum ausdrucken - Kurz und knapp IV
Bayreuth, 17. November 2024
Eigentlich hätten wir selbst drauf kommen können. Ab sofort gibt es unsere "Aus dem Depot geholt"-Beiträge zur Sammlung Xaver Spanrad, in einem PDF zusammengefasst, zum Download. Zu finden HIER bei uns im ANHANG, im Kapitel AUFSÄTZE.
Ladet es euch auf euer Handy oder Tablet … oder druckt es aus, nehmt es mit zum nächsten Museumsbesuch oder zur nächsten Reenactment-Veranstaltung. Und wenn ihr dort dann ein vergleichbares Stück vorfindet, lasst es uns wissen. Mail genügt.
Kruseler-Püppchen - Aus dem Depot geholt V
Bayreuth, 14. September 2024
Hier das letzte Stück aus der Sammlung Xaver Spannrad das wir hier vorstellen wollen. Das Fragment eines Kruseler-Figürchens. Wie so ein Püppchen im Ganzen aussieht, zeigt übrigens wunderbar der Objektkatalog des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg.
Namensgebend für solche Figürchen ist die auffällige Kopfbedeckung der dargestellten Dame, der sogenannte Kruseler. Dabei handelt es sich um eine Haube, welche aus einem Leinenstoff mit gewelltem Rand, in mehreren Lagen gelegt wurde. Genauer gesagt ist es bei diesem Püppchen hier, ein Risen-Kruseler. Also eine Kruseler-Haube mit einer Rise aus dem selben Stoff. Dabei ist die Rise ein Tuch, dass zusätzlich noch Kinn, Wangen und Hals der Trägerin bedeckt (siehe auch unterstes Bild). Der Herstellungszeitraum der Kruseler-Figürchen lässt sich relativ klar in die Zeit zwischen der Mitte des 14. und dem ersten Drittel des 15. Jahrhunderts eingrenzen (1). Hergestellt wurden sie, indem man den Ton in ein Model eindrückte welches die Vorderseite der Figur wiedergibt. Die Rückseite wiederum ist frei von Hand modelliert. Als Produktionszentrum wird Nürnberg angenommen. Dort konzentriert und über Süddeutschland verteilt finden sie sich auch am häufigsten, im übrigen Europa dagegen eher selten (2). Es wird vermutet, dass sie ganz profan Kinderspielzeug waren. Püppchen, nach der neuesten Mode gekleidet, wie die Damen der Highsociety ihrer Zeit. (3).
Leider ist, wie bei den meisten hier gezeigten Stücken aus der Sammlung Xaver Spanrad, die sich heute im Archäologischen Museum Bayreuth befindet, nichts überliefert. Deshalb hier und der Vollständigkeit halber, die Fakten die das Fundstück selbst liefern kann:
Fundort: Unbekannt
Datierung: Unbekannt
Größe: Breite 2,9 cm, Höhe 7,5 cm erhalten, Dicke bis zu 2,5 cm
Warenart: Sog. Pfeifenton. Bruch und Oberfläche nahezu weiss. Keine Magerungspartikel feststellbar. Hart gebrannt.
Update (8. Juni 2025): Bei den Recherchen zu diesem Figürchen ergab sich eine Vermutung bezüglich seiner Herkunft. Und zwar über die Verzierung, die die Kleider der Püppchen tragen. Üblicherweise sind das, fast standardmäßig, eine vertikale Reihe kreisrunder Medaillons. Abweichend davon und seltener gibt auch Püppchen die zum Beispiel geknöpft erscheinende Kleider tragen, oder auch solche deren Kleider, wie beim Spannrad-Püppchen, mit einer vertikalen Vierpassreihe verziert sind. Letztere gehäuft unter den Nürnberger Funden (4).
Daneben fanden wie noch ein aussergewöhnlich ähnlich Püppchen als Zeichnung auf der Homepage des Landschaftsmuseum Obermain. Gefunden wurde diese Exemplar in Dreuscheldorf (Oberfranken).
Und jetzt noch eine Bitte: Wie schon oben erwähnt, fehlt für das hier gezeigten Stück aus der Sammlung Xaver Spanrad die Provenienz. Vielleicht kennt aber jemand von Euch, ein identisches Stück. Sozusagen eine Zwillingsschwester aus der gleichen Form. Das wiederum könnte dann dem Archäologischen Museum Bayreuth dabei helfen, das hier gezeigte Stück einzuordnen. Schreibt uns. Mail genügt.
Tipp zum Thema: Schaut doch mal bei der Damasthandweberei vorbei. Dort wird nämlich seit 2006 wieder das (Kruseler)Schleiertuch mit seinem typischen Wellenrand produziert und ist dort (meist) auch vorrätig.
1) Grönke u. Weinlich 1998, S. 43
2) Schmid-Willers 2021, S. 102
3) Ebd. S. 105
Unterstes Bild: Hl Dorothea. Frauenkirche Nürnberg. Vorhalle.Nordseite (aussen). 2. Hälfte 14. Jahrhundert.
Henkelkrug - Aus dem Depot geholt IV
Bayreuth, 11. August 2024
Noch so ein rätselhafter Fund aus der Sammlung Xaver Spanrad. Ein kleines Henkelgefäß. Eventuell tatsächlich ein Krug. Vielleicht aber auch ein Becher. Wobei wir, trotz der geringen Größe, zu Krug tendieren. Aber wie dem auch sei, er ist er ein schönes Beispiel für "Bemalte Feinware". Als Gattungsbegriff liest man auch immer wieder "Ware Pollenfelder Art" oder einfach „Pollenfelder Ware“. Ob dieses Stück aber allerdings tatsächlich aus dem namensgebenden Pollenfeld (bei Eichstätt) stammt, ist natürlich nicht zu sagen. Klar sind nur die Fakten die der Krug selbst liefern kann.
Fundort: Unbekannt - möglicherweise Kulmbach
Datierung: Unbekannt
Größe: RDm 8 cm, Dmax. 10,2 cm, BDm 7,4 cm, H 11,4 cm
Warenart: Gelblich beige mit rotbrauner Engobebemalung an Henkel und Gefässschulter. Samtige Obefläche, feine Magerungspartikel bis max. 0,6 mm, keinerlei Drehspuren. Mittelhart bis hart gebrannt.
Zum Schluss noch einmal unsere Bitte: Leider fehlt auch zu diesem Stück aus der Sammlung Xaver Spanrad die Provenienz. Aber vielleicht kennt ja der eine oder andere von Euch vergleichbare oder ähnliche Funde oder Scherben von vergleichbaren Stücken, welche uns und dem Archäologischen Museum Bayreuth dabei helfen könnten, dieses Stück einzuordnen. Schreibt uns. Mail genügt.
Kochtopf - Aus dem Depot geholt III
Bayreuth, 21. Juli 2024
Eigentlich fällt uns nichts ein, was man über einen solchen Topf noch (siehe hier in Blog 28. Januar 2024) sagen könnte, oder was nicht schon über solche mittelalterlichen Töpfe gesagt worden ist. Und auch über diesen Topf aus der Sammlung Xaver Spanrad, die sich heute im Archäologischen Museum Bayreuth befindet, wissen wir auch nicht mehr als die unten stehenden Fakten, die uns der Topf selbst geliefert hat. Außer vielleicht, dass es sich wohl tatsächlich um einen Kochtopf handelt. Die heute noch deutlichen (fest anhaftenden) Verkrustungen im Topf legen das nahe. Auch eine vorsichtige Idee zur Datierung haben wir zwischenzeitlich erhalten. Einen ehrenamtlichen Restaurator der Stadtarchäologie Nürnberg, erinnert er an Nürnberger Töpfe aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts.
Trotzdem hier noch eine Bitte: Da uns, wie gesagt, zu diesem Stück jedwede Provenienz fehlt, vielleicht kennt ja der eine oder andere Leser vergleichbare oder ähnliche Funde, bzw. Scherben vergleichbarer Stücke, die uns und dem Archäologischen Museum helfen könnten, dieses Stück aus der Sammlung Xaver Spanrad einzuordnen. Schreibt uns. Mail genügt.
Fundort: Unbekannt
Datierung: Unbekannt
Größe: RDm 11 cm, Dmax. 12,4 cm, BDm 6,7 cm, H 12 cm
Rand: Leistenrand, mässig unterschnitten und ohne Deckelfalz.
Warenart: Im Kern beige, an der Oberfläche hell- bis mittelgrau. Die Oberfläche erscheint aussen anthrazitfarbig beschichtet. Magerungspartikel von 1,1 bis 1,5 mm, selten 1,8 mm und grösser. Aussen kaum sichtbare Drehspuren, innen schwache Drehspuren. Mittelhart gebrannt.
Sonstiges: Deutlich sichtbare Anhaftungen an der Gefässinnenseite.
RDm = Randdurchmesser, Dmax. = Maximaler Durchmesser, BDm = Boderdurchmesser, H = Höhe.
Fünfpassbecher - Aus dem Depot geholt II
Bayreuth, 7. Juli 2024
Dass es, wenn auch nicht so häufig, Mehrpass(trink)becher auch mit mehr als vier "Pässen" gibt ist hinlänglich bekannt. Ein sehr schönes Beispiel dafür haben wir hier für Euch. Ebenso wie schon der hier letzte Woche (30. Juni 2024) vorgestellte Vierpassbecher gehört dieses Stück in die Sammlung Xaver Spanrad, die heute im Archäologischen Museum Bayreuth aufbewahrt wird.
Leider ist über dieses Stück nichts bekannt, außer dass es vermutlich in Ebermannstadt gefunden wurde. Abgesehen davon, bleiben nur die Fakten, die uns der Becher selbst liefern kann.
Fundort: Ebermannstadt (Oberfranken)
Datierung: Unbekannt
Größe: RDm 12 cm, Dmax. 11 cm, BDm 7 cm, H 12 cm
Warenart: Mittelgrau, Oberfläche dunkelgrau bis anthrazit, Scherben erscheint wie gemantelt. Magerungspartikel von 0,9 - 3,7 mm. Mittelhart gebrannt.
Und nun noch eine Bitte: Vielleicht könnt Ihr für uns und das Archäologische Museum Bayreuth die Herkunft dieses Bechers verifizieren. Eventuell kennt ja sogar jemand von Euch den genauen Fundort in/um Ebermannstadt. Oder jemand von Euch kann uns und dem Museum über einen Hinweis zu vergleichbaren Fundmaterial aus der Region, bei der Datierung helfen. Schreibt uns. Mail genügt.
RDm = Randdurchmesser, Dmax. = Maximaler Durchmesser, BDm = Boderdurchmesser, H = Höhe.
Vierpassbecher - Aus dem Depot geholt
Bayreuth, 30. Juni 2024
Das Archäologische Museum Bayreuth hat uns erfreulicherweise wieder einmal in sein Depot eingeladen. Diesmal wurde für uns eine Auswahl mittelalterlicher Stücke aus der Sammlung Xaver Spanrad aus dem Regal geholt. Leider gibt es zu den Stücken nicht viel zu sagen. Herr Spanrad hat für die meisten der uns gezeigten Stücke die jeweilige Provenienz, vor seinem Ableben im Sommer 2020, nicht weitergegeben. Dennoch ist es uns ein Anliegen die Stücke hier bei uns im Blog mit Euch zu teilen. Und vielleicht gelingt es uns auf diesem Weg gemeinsam mit Euch, über vergleichbare Funde mehr über das jeweilige Stück herauszufinden.
Beginnen wollen wir mit dem prominentesten und einzigen Stück mit Provenienz aus der Sammlung, einem Vierpass(trink)becher. Dieser war nämlich bereits 1997 in der Ausstellung "Ritter Burgen Dörfer - Mittelalterliches Leben in Stadt und Land" im Fränkische Schweiz-Museum Tüchersfeld zu sehen. Und bevor wir jetzt noch lange herumtippen … hier die Fakten:
Fundort: Im Fluß Trebgast bei Harsdorf (Oberfranken).
Datierung: Anfang 14. Jahrhundert.
Größe: RDm 9,7 cm, Dmax. 10,2 cm, BDm 8 cm, H 15 cm.
Warenart: Elfenbeinfarbig, Oberfläche rötlich beige bis rotbraun. Oberfläche der Gefässinnenseite kreidig. Magerungspartikel
von 0,8 bis 1,3 mm, selten grösser. Mittelhart gebrannt.
RDm = Randdurchmesser, Dmax. = Maximaler Durchmesser, BDm = Boderdurchmesser, H = Höhe.
Ein Eisenhut aus dem Steinachtal - Museum zum Anfassen
Bayreuth, 22. Juli 2023
Das Historische Museum Bayreuth hat wieder geöffnet! Genauer gesagt, am 13. Mai wiedereröffnet! Und natürlich waren wir schon dort um zu sehen was sich im Zuge der dreijährigen Renovierungsarbeit und der Erneuerung der Dauerausstellung so in punkto Mittelalter geändert hat. So einiges wie es scheint. Von den beiden Vitrinen in Foyer, steht nur noch Eine. Naturgemäß mit einer reduzierten Anzahl an Exponaten. Schade wie wir finden, ist das Mittelalter in der Bayreuther Stadtgeschichtsvermittlung doch deutlich unterpräsentiert.
Aber vielleicht ändert sich das doch gerade. Denn in der neuen Dauerausstellung liegt ein, zwar arg ramponierter aber relativ kompletter, Eisenhut (oder Schaller) mit Einschussloch. Höchstwahrscheinlich von einer Armbrust.
Das gute Stück ist eine Leihgabe des Historischen Verein für Oberfranken. Gefunden und später dann dem Verein übergeben wurde er vor rund 100 Jahren vom damaligen Besitzer des Pfeiferhaus (heute ein Gemeindesteil von Warmensteinach). Der wiederum hatte ihn unter einem Mauerversturz der Burgruine Wurzstein im Steinachtal geborgen.
Von der Burg selbst ist wenig bekannt. Nicht wann sie errichtet wurde, vermutlich im 11. Jahrhundert und nicht wann sie aufgegeben oder zerstört wurde. Nur das sie 1692 bereits eine Ruine war ist sicher.
Der Helm aber dürfte aus dem 15. Jahrhundert sein. Ein Vergleichsstück auf der Leuchtenburg in Thüringen, zeigt das. Nach Auskunft des Historischen Vereins, könnten der Helm und sein Träger Opfer des Bayrischen Krieg (auch Fürstenkrieg) 1459 bis 1463 geworden sein. Der tödliche(?) Armbrustschuss erfolgte dabei eindeutig von oben (siehe unteres Bild). Das lässt vermuten, dass der Helm von einem Angreifer oder Belagerer getragen wurde. Allerdings wäre es, wenn auch möglich, reine Spekulation, daraus zu schließen, dass der Helm bei der Zerstörung der Burg unter die herabstürzende Mauer geraten ist und somit das Ende der Anlage datierbar wäre.
Und genau von diesem ramponierten Helm haben das Historische Museum Bayreuth und der Historische Verein für Oberfranken e.V. ein Replik anfertigen lassen. Und das ist das eigentliche Hallo im "Museumsmittelalter". Nur leider, oder vielleicht zum Glück, steht das gute Stück eben nicht neben dem Original in der Vitrine. Vielmehr ist es der Museumspädagogik zugeordnet. Einfach mal schnell im Vorbeigehen einen Blick drauf werfen ist also nicht möglich. Aber ein Anruf oder eine Mail an die Museumspädagogik hilft da sicher weiter. Denn im Historischen Museum Bayreuth arbeitet ein sehr hilfsbereites Team, das sich, das wissen wir aus erster Hand, auch mal etwas mehr Zeit nimmt. Und dann könnt ihr das gute Stück nicht nur ganz genau anschauen, sondern auch in die Hand nehmen oder vielleicht ja mal schnell aufziehen … sofern es einem passt. Bis dahin müssen es die Bilder hier bei uns tun.
Bild oben und Mitte: Replik und Original im Historischen Museum Bayreuth.
Bild unten: Original bei der Vermessung im Archäologischen Museum Bayreuth 2015.